Das große Finale: Wen kümmert die Shortlist der Jury, wenn hier UNSERE SHORTLIST verkündet wird? 😉 Doch bevor die letzten 5 Kombattanten in den Ring steigen, geht’s hier – mal wieder – um die Frankfurter Buchmesse, die sich dieses Jahr immer mehr zum Debakel entwickelt, dabei hat sie noch nicht mal angefangen.
Dann kommt auch schon unser Angstgegner um die Ecke: Thomas Hettche hat mit „Herzfaden“ ein Buch über die Geschichte der Augsburger Puppenkiste geschrieben, und wir so: Bitte nicht, das Leben ist schon hart genug. Und dann haben wir das Buch gelesen. Und gestaunt. Und dann noch mehr gestaunt. Denn dieses Buch ist ein Knaller: Ein intelligenter historischer Roman mit einer komplexen Erzählstruktur. Der Hettche zieht an den Fäden, und wir zappeln willenlos in seinem Erzählgeflecht.
Als nächstes hat uns ein Zuckerschock ereilt: Dorothee Elmiger gibt den verbalen Jackson Pollock, wenn sie uns in „Aus der Zuckerfabrik“ narrative Versatzstücke um die Ohren haut. Kurze Sprengsel verschiedenster Textformen stehen weitgehend unverbunden nebeneinander und nehmen Leser*innen richtig hart ran. Ist das noch Narration oder kann das weg? Langweilig ist es auf jeden Fall nicht.
Wenig überraschend bietet uns die verlegerische Heimat von Tonio Schachinger (ja! Unser Schachinger!!) auch dieses Jahr ein Debüt, das mit allen experimentellen Wassern gewaschen ist: Stephan Roiss erzählt in „Triceratops“ die Geschichte eines Jungen, der in einer Familie aufwächst, die durch psychische Erkrankungen auf harte Proben gestellt wird. Das ist düster, hart und mitreißend – genau die Literatur, die wir lieben.
Aus Österreich geht’s in die ostdeutsche Provinz: Jens Wonneberger lässt in „Mission Pflaumenbaum“ den Bibliothekar Kramer seine Tochter auf dem Lande besuchen. Die beiden kämpfen mit gegenseitiger Entfremdung, der Entfremdung zwischen Stadt und Land, Ost und West – und einem Geist. Denn Rottmann, dieses Dorf-Faktotum, ist doch wirklich verdammt unheimlich. Ein leiser Roman, der dennoch kraftvoll ist.
Als letztes reisen wir ins schöne Westfalen, wo wir Buddenbrooks-mäßig dem Verfall einer Familie beiwohnen, diesmal aber zwischen 1960-1990 (und sehr viel witziger als bei Mann). Eva Sichelschmidt macht in „Bis wieder einer weint“ keine Gefangenen: Das lauteste Schweigen kann die Probleme der alten Bundesrepublik nicht zum Verschwinden bringen. Und ein echter Schmöker ist das Buch noch dazu!
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Timecodes:
00:00:00 - Vorgeplänkel: FBM2020 Fiasko 00:08:20 - "Herzfaden" - Thomas Hettche 00:23:24 - "Aus der Zuckerfabrik" - Dorothee Elmiger 00:36:17 - "Triceratops" - Stephan Roiss 00:49:05 - "Mission Pflaumenbaum" - Jens Wonneberger 00:58:07 - "Bis wieder einer weint" - Eva Sichelschmidt 01:12:51 - Unsere Shortlistkandidaten
Buch-Infos:
Titel: Herzfaden
Autor: Thomas Hettche
Verlag: KiWi (09.2020)
Preis (Buch/ebook): 24,00 € / 19,99 €
Länge: 288 Seiten
Genre: Figurentheater, historische Literatur
Form: Hardcover
ISBN: 978-3462052565
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Titel: Aus der Zuckerfabrik
Autorin: Dorothee Elmiger
Verlag: Hanser (08.2020)
Preis (Buch/eBook): 23,00 € / 16,99 €
Länge: 272 Seiten
Genre: Fragmentarische Erzählung
Form: Hardcover
ISBN: 978-3446267503
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Titel: Triceratops
Autor: Stephan Roiss
Verlag: Kremayr & Scheriau (08.2020)
Preis (Buch/eBook): 20,00 € / 14,99 €
Länge: 208 Seiten
Genre: Coming-of-Age, Depression
Form: Hardcover
ISBN: 978-3218012294
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Titel: Mission Pflaumenbaum
Autor: Jens Wonneberger
Verlag: Muery Salzmann (10.2019)
Preis (Buch): 19,00 €
Länge: 192 Seiten
Genre: Generationskonflikt, Veränderung
Form: Hardcover
ISBN: 978-3990141946
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Titel: Bis wieder einer weint
Autorin: Eva Sichelschmidt
Verlag: Rowohlt (01.2020)
Preis (Buch/eBook): 22,00 € / 19,99 €
Länge: 480 Seiten
Genre: Familienhistorie, Epos
Form: Hardcover
ISBN: 978-3498062934
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